„Wie alt sind Sie?“ Ihre Antwort kann darüber entscheiden, welche Gedanken die Motive der diesjährigen Caritas-Kampagne bei Ihnen auslösen. Ende Januar wurde an drei Stellen in Würzburg Blow-Ups mit Bildern von alten Menschen aufgehängt, die auf die Kampagne selbst und natürlich auf die Spannung einer alternden Gesellschaft hinweisen. Die Einstellungen zum Alter ändern sich mit der Lebenserfahrung. Das macht die Kampagne der Caritas 2010, die vom Würzburger Caritasverband aufgegriffen wurde, spannend. Der Claim „Experten fürs Leben“ steht für eine mögliche neue Sichtweise auf alte Menschen. Im Gegensatz zu defizitorientierten Altersbildern solle das Augenmerk stärker auf den Potenzialen liegen, die ältere Menschen bieten könnten. So seien viele ältere Mitbürger bereit, sich für das Gemeinwesen zu engagieren und mit ihrem Wissen andere zu unterstützen. Dies ist ein unverzichtbarer Faktor für das Zusammenleben der Generationen.
Jutta Hackel, Koordinatorin der Alltagsbegleiter des Caritasverbandes sagt: „Experten sind Menschen, die eine Sache nicht nur oberflächlich kennen. Sie sind vertraut mit Widersprüchen, sind besonders kreativ, kennen Zahlen und Fakten, aber auch die Praxis. Expertenwissen will entdeckt und erworben sein. Gerade das zeichnet alte Menschen aus.“ Unter den Demenzkranken, die vom Caritasverband regelmäßig betreut werden, gibt es begnadete Erzähler, die den Dingen auf den Grund gegangen sind und eine weite Sicht haben. Sie sind keine engen Fachidioten, sondern haben in ihrem Leben experimentiert – geübt, gelernt, sind durch Erfahrung klug geworden. Experten, die in dieser Weise dialogfähig sind, sind spannende Menschen, auch für die Alltagsbegleiter, die vor Ort zur Betreuung eingesetzt werden.
„Gerade am Ende des Lebens zählt nicht nur die Leistung eines Menschen, sondern auch die Annahme. Alte Menschen, die eine positive Ausstrahlung haben, zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie zu allem, was ihnen gelungen und eben auch nicht gelungen ist „Ja“ sagen können.“ Von diesem tägliche Erleben der Krankenschwestern und Altenpfleger, die für die Caritas Sozialstationen in Würzburg arbeiten, berichtet Antje Melzer, Pflegedienstleitung der Sozialstation St. Norbert in der Zellerau. Hieraus speist sich die Motivation für die Pflegeberufe, die in der Öffentlichkeit oft viel zu wenig Anerkennung finden. Der Perspektivwechsel mit Blick auf den alten Menschen als einen Experten, von dem auch eine Pflegekraft viel lernen kann, könnte helfen, dem Pflegenotstand mit immer weniger Fachkräften zu begegnen.
Die Caritas-Kampagne 2010 möchte das gesamte Leben im Alter in den Blick nehmen. Matthias Fenger, Geschäftsführer des Caritasverbandes Würzburg: „Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer Sensibilisierung für die wechselseitige Solidarität zwischen den Generationen. Dabei geht es zentral um das Ermöglichen von selbstbestimmter Teilhabe im Alter.“ Das eigene Leben mit seinen Grenzen in die Hand nehmen zu können und dabei Subjekt und nicht Objekt zu sein, hält eine Gesellschaft zusammen. Der Begriff mag hölzern sein, die Botschaft, die dahinter steckt ist zentral. Dabei muss Teilhabe ein Bürgerrecht für alle und gerade auch die Alten sein.
Zusatzinformationen
„Ende 2006 betrug in Deutschland der Anteil der Heranwachsenden (unter 20-Jährige) rund 20 %. Auf die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20 bis unter 65 Jahre) entfielen 60 % und der Seniorenanteil (65-Jährige und Ältere) lag bei 20 %. Rund 5% der Bevölkerung waren hoch betagt (80 Jahre oder älter). Im Jahr 2050 wird voraussichtlich nur etwa die Hälfte der Bevölkerung im Erwerbsalter sein, während über 30 % 65 Jahre oder älter und ca. 15 % jünger als 20 Jahre sein werden.“ (1)
„Im Dezember 2007 waren 2,25 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI); die Mehrheit (68%) waren Frauen. 83% der Pflegebedürftigen waren 65 Jahre und älter; 35% 85 Jahre und älter. Gegenüber 2005 hat die Zahl der Pflegebedürftigen – im Zuge der Alterung der Bevölkerung - um insgesamt 5,6% bzw. 118.000 Personen zugenommen. Der Anstieg gegenüber 1999 beträgt 231.000 Personen bzw. 11,4%.“ (2)
(1) Datenreport 2008, Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland
Hrsg.: Statistisches Bundesamt (Destatis) www.destatis.de
Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen (GESIS-ZUMA), Mannheim,
Zentrum für Sozialindikatorenforschung, Heinz-Herbert Noll,
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB),
Zentrales Datenmanagement, Roland Habich
(2) Pflegestatistik 2007 „Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung“
Hrsg.: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, www.destatis.de
Die Statistik wird zweijährlich erstellt. Sie erschien am 17.12.2008.