Es war ein Mammutprozess gewesen, doch er hat sich gelohnt. 18 Tage haben sich die Pflegedienstleitungen von 24 Caritas-Sozialstationen in der Diözese Würzburg in den letzten eineinhalb Jahren Zeit genommen, um ihr christliches Selbstverständnis und Profil zu erarbeiten. An zwei Tagen hatten auch ihre Vorstände teilgenommen. Am Anfang stand für die Stationen die Selbstbewertung ihres Ist-Zustandes, am Ende die Erarbeitung eines gemeinsamen Qualitätshandbuches für den Bereich Ambulante Pflege, das nicht nur fachlichen Standards entspricht, sondern auch das christliche Profil der Einrichtung deutlich macht. Moderiert hat den Prozess Georg Sperrle, beim Diözesan-Caritasverband Fachbereichsleiter für Gesundheit und Alter. Am vergangenen Freitag feierten die Teilnehmer in einer Vesper mit Caritasvorsitzendem Domkapitular Clemens Bieber im St. Markushof in Gadheim den Abschluss ihrer Arbeit. Die Zertifikate überreichte ihnen anschließend Bischof Friedhelm Hofmann.
In seiner Predigt bezog sich Bieber auf die liebevolle Heilung des Aussätzigen durch Jesus. „Bei der Sorge um kranke Menschen geht es um mehr als eine fachliche perfekte Pflege. Es kommt darauf an, dass die Menschen, die unserer Hilfe bedürfen, durch unsere Behandlung und unser Herz mit Gott in Berührung kommen“. Vor der anschließenden Verleihung der Zertifikate zollte Bischof Friedhelm den Pflegedienstleitungen und Vorständen der Sozialstationen seinen Respekt. „Nach Liturgie und Verkündigung sind Sie der zweite Lungenflügel der Kirche. Caritas ist die Aufgabe aller Christen. Ich werbe überall dafür.“
Georg Sperrle beschrieb die Entwicklung des langwierigen Prozesses, auf den sich die Stationen unter seiner Leitung eingelassen hätten. Eine vierköpfiger Beirat, bestehend aus dem Gemeindecaritasreferneten Klaus Korbmann, dem Würzburger Orts- und Kreis-Caritasgeschäftsführer Matthias Fenger, Diakon Michael Schlereth und Rainer Ziegler, Bereichsleiter Seelsorge beim bischöflichen Ordinariat, habe ihn bei seiner Arbeit unterstützt. Am Anfang des Prozesses, so Sperrle weiter, habe der Wunsch bestanden, ein klares Profil zu erarbeiten, um sich von konkurrierenden nichtkirchlichen Anbietern in der ambulanten Pflege unterscheiden zu können. Jetzt aber sei er der Meinung, viel wesentlicher sei die Frage, „was uns ausmacht, welches Verständnis wir von unserer Arbeit haben und wie wir christliche Werte in unserem Pflegealltag leben. Der Unterschied zu anderen Einrichtungen ergibt sich dann von alleine.“ Sperrle dankte den anwesenden Pflegekräften für ihren engagierten Einsatz für kranke und alte Menschen. „Sie haben sich dafür entschieden, wesentlichen Anteil daran zu haben, dass hilfs- und pflegebedürftige Menschen dort bleiben können, wo sie zu Hause sind. Eine ehrenwerte Entscheidung, vor der ich großen Respekt habe.“ Er dankte auch den Vorständen, die sich oft über zwanzig und mehr Jahre für ihre Sozialstation einsetzen.
Dass sich der große Aufwand für die Stationen gelohnt hat, davon zeigte sich Sperrle überzeugt. Sigrun Sahl, Pflegedienstleitung der Sozialstation Bessenbach, hatte nach dem Prozess zehn Stationen erfolgreich auditiert. Das erarbeitete QM-Rahmenhandbuch hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) im Rahmen seiner Prüfungen sehr positiv bewertet. Einrichtungen, die an dieser Qualitätsoffensive teilgenommen hätten, haben im Durchschnitt bei MDK-Prüfungen besser abgeschnitten. Nicht umsonst hätten sich bei der abschließenden Auswertung alle teilnehmenden Stationen für eine Fortführung der Arbeit ausgesprochen. Auch dem Diözesan-Caritasverband ist der Prozess für die nächsten zwei Jahre die Schaffung einer neuen halben Beratungsstelle wert. „Das Netzwerk der Caritas-Sozialstationen in der Diözese Würzburg wurde enorm gestärkt. Es ist eine hohe Offenheit für den Austausch von Dokumenten untereinander entstanden und ein sehr gutes Miteinander“, schloss Sperrle.
Die Leitlinien in Kürze:
- Das christliche Menschenbild stellt die Grundlage der Arbeit dar.
- Das Hilfe- und Dienstleistungsangebot orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen von hilfsbedürftigen Menschen und deren Angehörigen.
- Die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem caritativen Profil sowie deren Kompetenz, Engagement und Motivation sind wichtige Voraussetzungen für die hohe Qualität der Arbeit.
- Caritas-Sozialstationen verstehen sich als Dienstleister in einem starken Netzwerk, um hilfsbedürftige Menschen und deren Angehörige bestmöglich zu unterstützen und somit ihre Hilfs- und Dienstleistungsangebot zu erweitern.
- Caritas-Sozialstationen vertreten die Interessen hilfs- und pflegebedürftiger Menschen und setzen sich für die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen und für die Verbesserung sozialpolitischer Rahmenbedingungen ein.
- Der bewusste und verantwortliche Umgang mit personellen, finanziellen, materiellen und ökologischen Ressourcen prägt ihr Handeln.