Würzburg, 14.6.: Caritative Unternehmen können auf dem freien Markt nur erfolgreich sein, wenn sie ein klares christliches Profil zeigen, sagte der Hildesheimer Diözesan-Caritasdirektor Dr. Hans-Jürgen Marcus in seiner Festrede zum 25. Jubiläum des Würzburger Orts- und Kreis-Caritasverbandes am Freitag vor über zweihundert Gästen Pfarrsaal Heilig Kreuz. Geschäftsführer Matthias Fenger, der durch die Veranstaltung führte, freute sich, dass trotz des gleichzeitig übertragenen WM-Eröffnungspiels so viele Gäste gekommen waren.
„Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit fordern sich gegenseitig heraus“, so Marcus, der vor allem auf das Selbstverständnis der Caritas und den christlichen Mehrwert ihrer Dienste einging. Caritasunternehmen sollten mehr sein als nur soziale Anbieter und sich als Moralunternehmen verstehen, sie sollten wie Bioläden des Sozialsektors auftreten, d.h. kreative Ideen entwickeln und qualitative hochwertige Produkt anbieten, und sie sollten sich als selbstbewusster und eigenständiger Lebensort von Kirche weiter entwickeln.
Der Orts- und Kreiscaritasverband Würzburg entstand am 1. Januar 1997 durch die Fusion der im Oktober 1985 getrennt gegründeten Caritasverbände für den Landkreis und die Stadt Würzburg. Er ist heute ein mittelständisches Sozialunternehmen mit 135 hauptamtlichen und ca. zweihundert ehrenamtlichen Mitarbeitern und unterhält u.a. drei Sozialstationen, einen Caritasladen, einen Kinderhort und mehrere Beratungsstellen.
Ob er wegen der Finanzierung dieser Aufgaben schon mal schlecht geschlafen habe, wollte Moderator Franz Barthel in der anschließenden Podiumsrunde vom Caritasvorsitzenden Werner Häußner wissen. Die vielen Kirchenaustritte und damit ein Schwund des Kirchensteueraufkommens werde der Caritas indirekt schaden, meinte Häußner. Manchmal habe er schon gedacht, wie das alles weiter gehen solle. Immerhin mache sein Verband einen sechsstelligen Umsatz, wenngleich die Kirchensteuern in der Bilanz nur einen kleinen Teil ausmachten. „Der Streßtest in Sachen Finanzen steht uns noch bevor“, war sich Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal sicher. Stadt und Landkreis Würzburg sind wichtige Kooperationspartner für den hiesigen Caritasverband. Das Ehrenamt werde daher immer wichtiger, so der OB, doch ihm sei auch klar, dass professionelles Wissen in der Sozialarbeit genauso wichtig sei und entsprechend bezahlt werden müsse. „Die Caritas wird es auch in 25 weiteren Jahren noch geben“, antwortete MdL Oliver Jörg auf die etwas provokante Frage von Franz Barthel, ob die Caritas eine Zukunft habe. Ihm und vielen anderen Politikern sei die Wichtigkeit der Caritas sehr wohl bewusst, so Jörg. Um Sozialarbeit zu vereinfachen, schlug Hans-Jürgen Marcus eine Reduzierung der Reglementierung und Dokumentationspflicht vor. „Wenn wir drei Altenheime drei Jahre ohne jegliche Rechtsvorschriften führen dürften, würden sie prosperieren“, war er sich sicher.
In ihren Grußworten bedankten sich Martin Pfriem, Direktor des Diözesan-Caritasverbandes, und Landrat Eberhard Nuß beim Würzburger Caritasverband. Pfriem hatte als Geschenk die Nachricht mitgebracht, dass die Höhe der Zuschüsse 2011 die gleich bliebe wie 2010. Das Grußwort des Landrats verlas seine Stellvertreterin Elisabeth Schäfer. Die Caritas sei eine feste Größe auf dem Land und praktizierte Nächstenliebe, schrieb Nuß. Er habe höchsten Respekt vor ihrer Arbeit. Der Kontakt zur Caritas sei auch ihr immer ein großes Anliegen gewesen, ergänzte Schäfer. Als Bankkauffrau habe sie darüber viel soziales Denken gelernt.
Bevor die Gäste in die anschließende Begegnung, den Gottesdienst und das Abendkonzert mit der Gruppe Taktwechsel entlassen wurden, zeichneten Geschäftsführer Matthias Fenger und Domkapitular Clemens Bieber stellvertretend für die vielen Ehrenamtlichen mit dem Vorsitzenden Werner Häußner und Hans Zeiher, dem Vorsitzenden des Thüngersheimer Krankenpflegevereins, zwei langgediente Ehrenamtliche aus.