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Austauschtreffen der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer im Landkreis Würzburg – Etwas zögerlich tritt Abdifatah Hussen Mohamed, gebürtiger Somali am Abend des 25. Januar 2018 vor die knapp 50 Gäste, die der Einladung der Ehrenamtskoordination des Caritasverbands und der Malteser ins Matthias-Ehrenfried-Haus gefolgt sind. Unter ihnen befinden sich vor allem ehrenamtliche Helfer und Paten, die sich in Stadt und Landkreis Würzburg für geflüchtete Menschen einsetzen.

„Ich bin etwas aufgeregt und mein Deutsch ist nicht so gut“, eröffnet Abdifatah den Abend in fast perfektem Satzbau. „Aber, weil Sie alle schon lange mit Asylbewerbern arbeiten, verstehen Sie ja ausländisches Deutsch“, schmunzelt er. Mit diesen Worten war der Bann gebrochen, die Aufregung verflogen und die Vorfreude der Teilnehmer etwas über Land, Kultur und Menschen aus Somalia zu erfahren, greifbar. 

Abdifatah ist 28 Jahre alt, verheiratet, hat drei Kinder und ist bereits seit sieben Jahren in Deutschland. In Somalia hatte er als Journalist bei einem Radiosender gearbeitet. Ein gefährlicher Job, denn durch freie Meinungsäußerung oder gar Kritik an der eigenen Regierung und anderen Konfliktparteien riskierte man in seinem Heimatland das Leben. Als 2008 zahlreiche Journalisten und auch ein Freund Abdifatahs getötet wurden, begab er sich auf die gefährliche Reise nach Europa. Mit im Gepäck die Sorge um seine zurückgelassene Familie und die große Ungewissheit, wie es weitergehen sollte.

Während das Publikum gespannt zuhört, berichtet Abdifatah von seiner Reise quer durch die Wüste und den vielen Rückschlägen. „Ein Schlepper versprach uns, ein großes intaktes Schiff. Als wir das Meer erreichten, zeigte er uns ein Boot, nicht größer als dieser Tisch hier. Er zielte mit einer Waffe auf uns und zwang uns zur Überfahrt in Richtung Griechenland.“ Nach vier Tagen orientierungslosem Treiben auf dem Meer erreichte die Gruppe Festland. Hier war der Alptraum aber noch lange nicht zu Ende. Der Somali berichtet von offenkundigen Feindseligkeiten bis hin zu Gewalttaten gegen Geflüchtete, von mangelnder oder gar keiner Versorgung und der Überforderung von Behörden beim Ausstellen von Papieren. „Nach mehrfachen Fehlschlägen und gescheiterten Versuchen nach Nordeuropa weiterzureisen, hatte ich auf einmal Glück und kam nach Paris und schließlich nach Deutschland. Als ich in Schweinfurt ankam, wurde ich zum ersten Mal wieder behandelt wie ein Mensch“, berichtet er voller Dankbarkeit. „Jetzt konnte ich wieder in die Zukunft schauen und mir etwas aufbauen.“ Und diesen Worten ließ er Taten folgen. Nach mehreren Hilfsarbeiten in verschiedenen Branchen und einigen Praktika als Journalist, bei denen er feststellen musste, dass seine Deutschkenntnisse für diesen Beruf nicht ausreichten, eröffnete er schließlich mit seiner Frau 2017 ein afrikanisches Restaurant in Schweinfurt.

Abdifatah blickt mit den Teilnehmern des Abends aber auch historisch zurück auf die Zeit der italienischen, französischen und britischen Kolonien in Somalia bis 1960. „Die Italiener haben uns das Spaghetti-Essen beigebracht“, lächelt Abdifatah verschmitzt. Nach der autoritären Staatsform unter Mohamed Siad Barre bis 1991 brach der Bürgerkrieg in Somalia aus. Trotz der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen radikal, islamischen Gruppen und lokalen Familienclans in den letzten Jahren, spricht er mit großem Respekt von seinem Geburtsland, verbunden mit der großen Hoffnung aller Somalis, dass mit der jeweils für vier Jahre neu gewählten Regierung der Krieg beendet und für die Menschen eine echte Zukunft geschaffen wird. Er berichtet aber auch von der weit verbreiteten Korruption, die dieser Hoffnung bisher oft im Wege stand, von Kindern die als Soldaten den vielen Konflikten zum Opfer fallen und dem Traum der Bevölkerung nach einem vereinten Somalia.

In der anschließenden Fragerunde wird der Blick dann auf Leben der Somalis in Deutschland gelenkt. Auf die Frage einer Teilnehmerin, was denn der größte kulturelle Unterschied zwischen Deutschland und Somalia ist, erwidert Abdifatah lachend und ohne großes Nachdenken „Termine – meinen ersten Termin in Deutschland hatte ich früh um 8:00 Uhr. Für mich hieß das um 8:00 Uhr aufstehen und erst mal duschen.“ Inzwischen hat er gelernt mit der deutschen Pünktlichkeit umzugehen und unterstützt auch andere Asylbewerber mit Beratung und Hilfestellungen beim Einleben in Deutschland. Auch seine Familie in Somalia vermisst er sehr. Dank Internet kann er aber regelmäßig mit ihr Kontakt halten. Er beschreibt Deutschland als seine neue Heimat, ein Land vieler Möglichkeiten, in dem jeder Einzelne aber auch gefordert ist, diese mit Leben zu füllen. Dazu möchte er seinen Teil beitragen. „Auch uns Ehrenamtskoordinatoren ist es ein besonderes Anliegen mit solchen Austauschtreffen Begegnungsmöglichkeiten zwischen Einheimischen und Migranten zu schaffen“, erklärt Sandra Hahn, Ehrenamtskoordinatorin des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Würzburg. „Gerade wenn Geflüchtete selbst über ihr Heimatland und ihre Beweggründe dieses zu verlassen erzählen, stärkt dies das Verständnis füreinander, baut Missverständnisse oder gar Vorurteile ab und fördert den Zusammenhalt der Menschen untereinander.“

Dass Abdifatah Hussen Mohamed ein Mensch ist, der in Deutschland auf eigenen Füßen steht und Vorurteile abbauen möchte, davon konnten sich die Gäste des Abends im Anschluss an den Bericht auch in kulinarischer Hinsicht überzeugen. Aus seinem Schweinfurter Lokal hat er gefüllte Teigtaschen und Hefegebäck mitgebracht. Scherzhaft beschließt er den Abend: „Bei uns isst man die Teigtaschen traditionell mit scharfer Soße. Wenn ihnen die Soße zu scharf sein sollte, lassen sie sie einfach weg!“

Sandra Hahn
Ehrenamtskoordination Flüchtlingshilfe im Landkreis Würzburg

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