Am Morgen hatten die verantwortlichen Ehrenamtlichen im Zelt die Nachricht erhalten, dass im Lauf des Tages 49 junge Männer in Würzburg ankommen würden. Schnelle Organisation und Hilfe war angesagt. Ein Anruf beim Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg e.V. brachte umgehend Erfolg in Bezug auf die Versorgung mit Kleidung: Im Caritasladen und seinem Außenlager, in dem seit Dezember Kleiderspenden für Bedürftige gesammelt, sortiert und für die Ausgabe vorbereitet werden, gab es fürs Erste genug Kleidung für die Flüchtlinge. Im Zelt selbst darf keine Kleidung ausgegeben werden. So musste ganz schnell eine Ausgabestation gefunden werden. Mit dem ABZ Heiligkreuz, für das Caritas Würzburg seit Jahren Geschäftsbesorger ist, gab es diese Möglichkeit: Der Gymnastikraum, den u.a. donnerstags die Tafel für die Ausgabe von Lebensmitteln an Familien nutzt, wurde kurzerhand umfunktioniert. Angelika Wagner, die im Zelt auch für das Ressort Kleidung zuständig ist, organisierte einen VW Bus, mit dem ca. 45 Umzugskisten aus dem Außenlager geholt und ins ABZ verbracht wurden. Sie hatte zudem aus der großen Gruppe freiwilliger Helferinnen und Helfer im Zelt sechs Jugendliche mobilisiert, die für die praktische Umsetzung der Kleiderausgabe sorgten. Christiane Weinkötz, Leiterin des Bereichs Sozialarbeit beim Caritasverband bereitete die Räume und die Ausgabe vor. Franziska Lochbihler, Praktikantin im Haus der Begegnung in Rottendorf ergänzte das Ausgabeteam. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, allesamt Jugendliche im Alter von 16 – 23 Jahren, hatten im Nu die Biertische für die Ausgabe aufgeschlagen, Kleidung und Schuhe ausgelegt, Willkommensschilder und Ausgabelisten aufgehängt.
Bis zum Eintreffen der ersten Flüchtlinge kamen die Helferinnen und Helfer miteinander ins Gespräch: Habib, 21 Jahre alt, Afghane aus Masar-e Scharif wohnt seit drei Tagen im Zelt. In Afghanistan hat er seine gesamte Familie bei einem Bombenanschlag verloren und ist 40 Tage lang große Strecken zu Fuß, aber auch mit Auto, Bus und Bahn nach Deutschland unterwegs gewesen. Munir, 18 Jahre, ebenfalls aus Afghanistan, hat den gleichen Weg wie Habib über die Balkanroute hinter sich und lebt seit kurzem im Zelt. Beide berichten mit leiser Stimme über ihre Erfahrungen in der Heimat und während ihrer Flucht. Jetzt wollen sie einfach helfen und packen zu, wo Hilfe gebraucht wird. Johannes, 20 Jahre alt, Student und Lale, 16 Jahre, Schülerin, kamen wie Angelika Wagner über die Gemeinschaft Sant Egidio in Würzburg zu den Helferinnen und Helfern im Zelt. Christina, 19 Jahre alt, gerade zu Besuch in Würzburg, haben Lale und Johannes gleich zum Helfen mitgebracht.
Als die erste Gruppe Flüchtlinge vom Zelt, begleitet von Angelika Wagner, Leon, 21 Jahre alt aus Damaskus und Lukas, Soziologie- und Politikstudent aus Würzburg, im ABZ ankommt, gab Leon als Dolmetscher die Einführung für die Kleiderausgabe. Schnell war die Anspannung, die vorher bei der Helfergruppe zu spüren war verflogen und die Ausgabe „flutschte“. Lebhaft verständigten sich Helferinnen, Helfer und Flüchtlinge in Englisch, mit Dolmetscher oder einfach, damit es schneller ging „mit Händen und Füßen. “Die meisten der Flüchtlinge waren lediglich mit Flip Flops oder schlechtem Schuhwerk und der Kleidung, die sie auf dem Leib trugen nach Würzburg gekommen. Jeder Flüchtling bekam eine Plastiktüte, in der er Kleidung und Schuhe verstauen konnte.
Nachdem die erste Gruppe versorgt war, gab es strahlende Gesichter, einen herzhaften Händedruck, ein „shukran“ (arabisch: Danke) das wohlbekannte „thank you“ oder ein noch unsicheres leises „Dankeschön“ von denen, die schon ein paar Worte Deutsch beherrschten. Noch etliche Male begleiteten die ehrenamtlichen Lotsen die Gruppen der Neuankömmlinge ins ABZ, am Ende auch Flüchtlinge, die schon länger im Zelt wohnen. Die Helfergruppe hatte deutlich Freude an ihrem Tun, und Spaß und Humor kamen nicht zu kurz. Leon war im Laufe der Zeit zum „Chefansager“ avanciert und dolmetschte nahezu professionell. Auch wenn am Ende zu wenig Schuhe und Kleidung in kleinen Größen da waren, bekam doch jeder der Neuen zumindest ein kleines Paket mit, das die erste Not zu überbrücken half.
Genauso schnell wie der Aufbau der Kleiderausgabe geschehen war, erfolgte auch der Abbau. Jeder langte hin, wo es nötig war. Die restliche Kleidung wurde wieder ins Lager und in den Caritasladen verbracht. Einigermaßen müde, aber sehr zufrieden, machten sich die Helferinnen und Helfer dann wieder auf den Weg ins Zelt oder auf ihren Heimweg. Wagner und Weinkötz waren sich am Ende darüber einig, dass Hilfe für Flüchtlinge schnell greift und erfolgreich ist, wenn „der direkte Draht“ und „der kleine Dienstweg“ funktionieren, und die Helferinnen und Helfer, egal, wo sie herkommen, wo sie arbeiten und leben, zusammen helfen und „an einem Strang“ ziehen.
Christiane Weinkötz
Geldspenden für die Arbeit mit den Flüchtlingen im Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg e. V. können Bürgerinnen und Bürger spenden unter:
Kennwort Flüchtlingshilfe
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Nachrichten
Welcome refugees - Flüchtlinge willkommen!
Dieses Plakat begrüßte zunächst die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die am vergangenen Freitag im Altenbetreuungszentrum Heiligkreuz (ABZ) Neuankömmlinge aus dem Zellerauer Zelt mit Kleidung ausgestattet haben.