Der Tag sei bewusst gewählt worden, begrüßte Fachbereichsleiter und Moderator Georg Sperrle die Frauen und Männer aus der Pflege. Am 12. Mai 1820 wurde Florence Nightingale geboren. Durch ihre ambitionierte Arbeit gilt sie als Begründerin der modernen Pflege. Bürgermeister Adolf Bauer war sich in seinem Grußwort sicher: „Auch der Ort, die Festung Marienberg, ist bewusst ausgesucht worden, denn mit der Arbeit in der Pflege geben wir den Menschen Schutz und Sicherheit“. Außerdem sei es gut, sich schöne Auszeiten zu gönnen, um sich erneut auf das zu besinnen, was man tagein tagaus leiste. Städte und Kommunen seien sehr dankbar für die wertvolle Arbeit der Caritas. Domkapitular Clemens Bieber überbrachte Grüße von Bischof Friedhelm Hofmann und Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Allen Verantwortlichen in Kirche und Politik sei gemeinsam, dass man sich für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege einsetze. Wer die Sorge für Alte und Kranke nur nach den ökonomischen Kriterien des sogenannten sozialen Marktes beurteile, schaue am Ende nur noch aufs Geld und nicht mehr auf die Qualität, kritisierte der Vorsitzende des Caritasverbandes. „Ich mache das für die Menschen“, zitierte Bieber eine Auszubildende vom Untermain, die sich nach dem Abitur bewusst für die Arbeit in einem Seniorenzentrum entschieden habe. „Ihre Arbeit mit alten, kranken und schwachen Menschen lässt etwas durchscheinen von der Liebe Gottes“, würdigte Bieber den Einsatz und dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren beherzten Dienst.
Ernste Themen mit viel Humor
„Ich habe schon einige Kongresse und Fachtagungen erlebt“, fasste einer der Referenten am Ende die kurzweiligen Stunden zusammen, „aber so viel Freude und Lachen gab es da bislang nicht.“ Vielleicht sollte man in den Einrichtungen nach Humor-Beauftragten Ausschau halten, schlug eine Teilnehmerin vor. Einen großen Anteil daran hatte unstrittig der renommierte Poetry Slammer Lars Ruppel. Ihm gelang es, selbst umfangreiche Vorträge geschickt in Reimform zu verdichten und die Kernbotschaften nochmals auf den Punkt zu bringen.
Für sich selbst gut sorgen können
Schwerpunkt der Vorträge war die Sorge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich selbst. Nur wer sich selbst liebe, könne auch seinen Nächsten lieben, machte etwa Jana Glück mit Blick auf ein christliches Grundgebot klar. „Die Haltung der Liebe kann erlernt werden“, unterstrich die Sozialpädagogin, die das Publikum durch eine ausgefeilte Präsentation und perfekte Performance fesselte und immer wieder aktiv einband. Professorin Astrid Elsbernd von der Hochschule Esslingen empfahl der Berufsgruppe der Pflegenden mehr Selbstbewusstsein, stellte aber zugleich klar: „Wir werden in Zukunft noch mehr gute Bildung in diesem Segment brauchen, weil die Anforderungen an die Pflege steigen.“ Talent allein reiche nicht aus. Wertschätzung für professionell Pflegende müsse sich auch dadurch zeigen, dass sie in gesellschaftliche Entscheidungen maßgeblich eingebunden werden. Sandra Mantz zeigte anekdotenreich, was Sprache im Pflegealltag an- und ausrichtet. Die Sprachkompetenztrainerin wünschte sich zum Nutzen aller einen bewussteren Umgang mit den Worten. „Weg vom ‚Müssen‘, hin zum ‚Wollen‘ und ‚Dürfen‘“, forderte Mantz, die viele gute aber auch schlechte Erfahrungen als Altenpflegerin machen durfte. Einen spezifischen Caritasblick unternahm Professor Ralf Haderlein von der Hochschule Koblenz. „Was macht die Caritas aus?“, fragte der Theologe und witzelte, dass es wohl kein „katholisches Haare kämmen“ bei der Caritas gebe. Vielmehr gehe es um eine Werteorientierung und Motivation, die verdeutlicht, aus wessen Geist heraus Glaube, Hoffnung und Liebe gelebt und weitergegeben werden. Haderlein empfahl den Film „Ziemlich beste Freunde“. „Vielleicht ein neues Motto für die Caritas?“
Pflege ist poetisch
Wenngleich alle Referentinnen und Referenten mit viel Applaus bedacht wurden, fand doch das Mitwirken von Lars Ruppel besondere Anerkennung. Mit einem Einblick in sein Programm „Weckworte“ machte der gebürtige Marburger und Wahlberliner klar, dass Poesie und Fantasie ferne Welten eröffnen können. Ruppel ist regelmäßig in Einrichtungen der Caritas unterwegs und begeistert demente Frauen und Männer mit alten und neuen Versen. An diesem Tag der Pflegenden nahm Ruppel sein Publikum mit in die Welt von Rilke, Schiller und seinen eigenen Interpretationen. Als Geschenk hinterließ er den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 1. Caritas Pflegekongresses ein eigenes Gedicht. Es wird – wie der rundum gelungene Kongress insgesamt – mit Sicherheit lange motivierend nachwirken.
Sebastian Schoknecht